Vom Problemfall zum Leistungsträger

Talentschuppen: Ein Porträt

Geschrieben am 10.03.2015 von Philipp Koehl - DIE RHEINPFALZ




LUDWIGSHAFEN. Er ist jung, talentiert und eine absolute Stütze der Faustballer des TB Oppau. Jan-Phi-lipp Gerhardt sorgt beim Zweitliga-Aufsteiger dafür, dass die Bälle das gewünschte Ziel finden. Bis zum Status des Leistungsträgers hat Gerhardt aber eine große Entwicklung durchmachen müssen. Auf und neben dem Platz.

Der 19-jährige Gerhardt wirkt im Gespräch mit dieser Zeitung recht gelassen und zufrieden. Dazu hat der Schlagmann des TB Oppau auch allen Grund. Er spielt seine bislang beste Saison, hat den Durchbruch bei dem Zweitligisten endgültig geschafft und sich zu einem Leistungsträger hochgearbeitet. Trotz all der Lockerheit sind die Aussagen des Gymnasiasten, der erst vor Kurzem seine schriftliche Abiturprüfung abgelegt hat, durchdacht, ja fast schon diplomatisch. Eine solche Entwicklung hätten Gerhardt, der erst vor gut vier Jahren etwas unverhofft zum Faustball kam, nur die Wenigsten zugetraut. „Er hatte den Ruf eines Problemspielers“, bestätigte sein heutiger Trainer Matthias Bog den anstrengenden Weg, der hinter seinem Schlagmann liegt.Aber der Reihe nach: Im Sommer 2010 hatte der damals 14-jährige Gerhardt nach eigener Aussage Probleme in der Schule. Bog, damals Aushilfslehrer am Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasium in Edigheim, nahm sich seiner an. „Matthias hat mit dem damaligen Schulleiter vereinbart, dass er mich aus disziplinarischen Gründen ins Faustballtraining mitnimmt“, berichtet der Angreifer. Was er, der zuvor sechs Jahre lang beim FSV Oggersheim und beim TV Ruchheim Fußball spielte, dann sah, gefiel ihm. „Ich hatte schon immer eine Neigung, mich hinzuwerfen und nach Bällen zu jagen“, sagt der Abiturient schmunzelnd. Einmal Blut geleckt, hängte er sich voll rein. Insgesamt fünfmal in der Woche trainierte er bei der Jugend und den Herren des TBO.
Zwei Jahre später stand er erstmals im Kader der Zweitliga-Mannschaft. Eine Berufung in die U18-Nationalmannschaft Süd folgte. Den Sprung in den gemeinsamen Bundeskader verpasste er jedoch. Auch seinen Hang zum Diskutieren und – laut Bog – die Eigenschaft, „auch mal die Flinte ins Korn zu werfen, wenn es nicht nach sein Kopf ging“, behielt der 1,86 Meter große Schlagmann bei. Als er sich beim letzten Feldtraining des gleichen Jahres die Bänder im Sprunggelenk riss, fiel er für drei Monate aus. Die Hallensaison war für Gerhardt, der gerne auch den Spaßvogel in der Mannschaft mimt, gelaufen. Der TB Oppau stieg in die Verbandsliga ab.

In der Verletzung lag für den Fan von Fußball-Regionalligist Wormatia Worms, der außerhalb des Faustballs am liebsten mit seinen Freunden unterwegs ist, aber auch ein Neuanfang. Er setzte im Training mehr auf Qualität statt auf Quantität und gab auch außerhalb des Sportplatzes Gas. Die Verantwortung, die er vom Trainerduo Matthias Bog/Thomas Blümbott am Schlag bekam, tat ihm sichtlich gut. Auf und neben dem Platz. In der am vergangenen Wochenende beendeten Zweitliga-Saison schaffte Gerhardt den Durchbruch und führte die Mannschaft auf Tabellenplatz vier. Der 19-Jährige hat sich von einem Problemfall zu einem Leistungsträger entwickelt.

„Jan-Philipp hat seine disziplinarischen Schwächen vollkommen abgelegt und in Sachen Übersicht und Ausdauer zugelegt“, lobte Bog seinen Schützling. Dieser spielte den Ball zurück: „Mir haben unsere beiden Trainer und das familiär geprägte Umfeld sehr geholfen“, weiß er, bei wem er sich zu bedanken hat. Was er nach dem Abitur machen möchte, weiß Gerhardt noch nicht genau: „Entweder studiere ich Journalismus oder mache eine Ausbildung als Cutter in der Medienproduktion.“

Seine Ziele mit der Mannschaft sieht er dagegen klar: „Ich möchte mit Oppau in der ersten Liga spielen. Und zwar nur mit Oppau“, sagt Gerhardt, der Teamspieler. Das Thema U-Nationalmannschaft sieht der junge Mann gelassen: „Natürlich würde ich gerne wieder für die Nationalmannschaft spielen. Aber ich versuche einfach weiter, meine Leistungen konstant abzurufen und wenn es der Nationaltrainer für richtig erachtet, mich anzurufen, dann freue ich mich“, sagte Gerhardt, der Diplomat.

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